Einfacher bauen und Lowtech-Konzepte planen

Nachbericht zum 6. Internationale Bauphysik & Gebäudetechnik-Tagung von FORUM HOLZBAU in Rosenheim mit 480 Teilnehmenden

Hilft uns für nachhaltiges Bauen ein Mehr an Technik? Angesichts der aktuellen Herausforderungen sollte sich das Bauen in Richtung einfacheren Bauens und Lowtech-Konzepten für Gebäude entwickeln. Vereinfachung und weniger Technik, das waren herausragende Themen und deutliche Empfehlungen bei der 6. „Internationalen Tagung Bauphysik & Gebäudetechnik“ (kurz BGT) am 28. und 29. April in Rosenheim. Insgesamt 480 Teilnehmende aus der D-A-CH-Region waren der Einladung von FORUM HOLZBAU zu dieser Fachveranstaltung ins Kultur- und Kongresszentrum („KuKo“) der Hochschulstadt gefolgt. Wegen steigender Teilnehmerzahlen musste die BGT-Tagung, die in den Jahren vor der CoronaPandemie immer in Bad Wörishofen stattgefunden hatte, an einen Ort mit mehr Kapazität verlegt werden.

Bei der Eröffnung der BGT-Tagung als einer der ersten Veranstaltungen von FORUM HOLZBAU nach der Lockerung der Pandemiebeschränkungen zeigte sich Prof. Dr. Heinrich Köster, Präsident der Hochschule Rosenheim und auch des FORUM-HOLZBAU-Trägervereins, entsprechend erleichtert über die teilweise Normalisierung der Tagungssituation. Ein Grund für die gute Beteiligung war bei vielen, neben dem umfangreichen Tagungsprogramm, sicher auch ein Bedarf an Orientierung und persönlichem Austausch nach langer Zeit mit Online-Sitzungen und Distanz im Homeoffice. Ein anderer Grund dürften anstehende Veränderungen im Bauwesen sein, auf die Köster in seiner Begrüssung hinwies: Veränderungen als Reaktion auf den Klimawandel und auch als Folge von Störungen durch den Krieg in der Ukraine.

Die Dringlichkeit nachhaltigen Wirtschaftens, aktuell nochmal verstärkt durch eine Schere zwischen der Nachfrage und Angebot wichtiger baurelevanter Rohstoffe, sorgt nun für eine Weiterfassung des Energiesparbegriffs. Hier lag der Fokus lange auf der Einsparung von Energie beim Gebäudebetrieb. Graue Energie zur Herstellung dieser Technik, die mehr Energie kostet, als sie einspart, sowie die Nicht-Berücksichtigung der Energie zur Herstellung neuer Gebäude und der Energie zu ihrer Verwertung am Ende der Nutzungsdauer blieben unberücksichtigt.

Mehrere Referenten rieten bei der BGT-Tagung zu einfacherem Bauen: Die Planung alterungsfähiger Oberflächen, die Trennung von Baukörper und Haustechnik, die Verwendung von robuster, verständlicher Technik, die auch repariert werden könne. Die Branche habe sich in der Vergangenheit zu viele Fehlinvestitionen in nicht richtig funktionierende Gebäudetechnik geleistet. Dazu kommt es auch, weil sich viele Menschen am Bau nicht mehr verstehen. U.a. auch deshalb sind Bauen und Gebäudebetrieb so teuer geworden.

Zu starr ist aber auch die Planung von Gebäuden. Um graue Energie zu sparen, ist Flexibilität der Grundrisse gefragt, und zwar bereits ab Beginn der Planung. Spätere Nutzungsänderungen im Gebäudeleben und entsprechende Umbauten sollten ohne großen Aufwand möglich sein. Statt Gestaltung sei ein Mehr an industriellem Bauen gefordert. Auch der Rückbau sei bestmöglich zu berücksichtigen. Ein nachhaltig gebautes Gebäude behalte seinen Wert oder erfahre sogar Wertzuwachs.

 

Unter Einhaltung sicherheitsrelevanter Richtlinien sollte daher nach Spielräumen in den Regelwerken gesucht und einvernehmlich mit den Bauherren kostensparende Regelabweichungen ausgearbeitet werden. Lassen sich durch eine Aufputz-Installationen die Kosten senken? Muss Schallschutz 100%-ig sein? Sind gewisse Schwingungen tolerierbar? Sind Abweichungen bei den erzielbaren Temperaturen möglich? Bezüglich Dämmstärken sollte eine gründliche Abwägung der eingesetzten Materialmengen und –arten erfolgen. Mindeststandards sollten allerdings eingehalten werden. Allerdings wurde auch davor gewarnt, dass eine Abweichung von Standardbauweisen letztlich auch teurer werden kann.

In jedem Fall stärker berücksichtigt werden sollte auch das Nutzerverhalten, auch ein Fehlverhalten. Die Nutzer von Gebäuden seien zwar schwer zu beeinflussen, die „Bedienung“ eines Gebäudes könne man ihnen aber sicher erleichtern. Hier wurde die Prüfung einfacher Lüftungskonzepte empfohlen, z.B. wieder mit Handbedienung. Das Smart-Home-Konzept bringe im Neubau zwar schnelle 10 bis 20 % Einsparung an CO2 im Hinblick auf das 1,5°C-Klimaschutzziel, unterstütze aber nicht die Energiewende, die vor allem im Gebäudebestand vollzogen werden muss. Für Veränderungen sollte die Baubranche aber nicht auf die Politik warten, sondern die Sache selbst in die Hand nehmen, riet eine Referentin.

Weil es bei Gebäudetechnik v.a. um Heizung, Energiespeicherung und Kühlung geht und Gebäude komplexe dynamische Systeme sind, wimmelt es von Experten in den verschiedenen Teilgewerken. Bei der BGT-Tagung wurde aber das Fehlen von Generalisten unter den beteiligten Bau-Teilbranchen beklagt, die einen Überblick über das Zusammenspiel hätten und die Kompetenz für ein zielführendes Miteinander hätten. Der menschliche Experte werde im Gebäudetechnikbereich noch lange erforderlich sein, ehe künstliche Intelligenz sich durchsetzen könne. Das gelte im Gebäudebereich wie auch für das autonome Autofahren.

Das Tagungsprogramm mit 40 Vorträgen deckte ein breites Themenspektrum im Bereich Akustik, Brandschutz, Gebäudeenergie, Automation und Wohngesundheit ab, vielfach im Zusammenhang mit Holzbau und abgerundet durch die Vorstellung von Bauprojekten. Organisiert wurde es von Prof. Dr. Ulrich Schanda und Hanno Werning von der TH Rosenheim sowie dem Team von FORUM HOLZBAU. Der Tagungsband kann bei der Geschäftsstelle von FORUM HOLZBAU erworben werden.

Der nächste, dann siebte Kongress „BGT“, findet in zwei Jahren statt. Der Veranstaltungsort ist gegenwärtig noch offen.

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